Schulpflicht in Hessen
Schulpflicht in Hessen
§ 59 Dauer der Vollzeitschulpflicht
(1) Die Vollzeitschulpflicht dauert neun Jahre. Sie endet spätestens mit dem erfolgreichen Besuch der Jahrgangsstufe 9.
(2) Für Schülerinnen und Schüler, die das Ziel der Hauptschule nicht erreicht haben, kann die Vollzeitschulpflicht auf Antrag der Eltern von der Schulleiterin oder dem Schulleiter um ein Jahr, in besonderen Fällen von der Schulaufsichtsbehörde um bis zu zwei weitere Jahre verlängert werden, wenn begründete Aussicht besteht, dass durch den weiteren Schulbesuch der Abschluss erreicht wird.
(3) Für Jugendliche, die nach dem Ende der Vollzeitschulpflicht (Abs. 1) keine weiterführende Schule besuchen, keinen Wehr-, Zivil-, Bundesfreiwilligen- oder Jugendfreiwilligendienst ableisten und in kein Ausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes und keine Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit eintreten, wird die Vollzeitschulpflicht um ein Jahr verlängert. In begründeten Ausnahmefällen kann die Schulaufsichtsbehörde auf Antrag der Eltern weitere gleichwertige Maßnahmen der verlängerten Vollzeitschulpflicht gleichstellen.
§ 60 Erfüllung der Vollzeitschulpflicht
(1) Die Vollzeitschulpflicht wird durch den Besuch einer öffentlichen Schule der Grund- und Mittelstufe (Primar- und Sekundarstufe I) erfüllt.
(2) Die Vollzeitschulpflicht kann durch den Besuch einer Ersatzschule erfüllt werden. Anderweitiger Unterricht außerhalb der Schule darf nur aus zwingenden Gründen von der Schulaufsichtsbehörde gestattet werden.
(3) Die nach § 59 Abs. 3 verlängerte Vollzeitschulpflicht kann durch den Besuch einer Schule im Bereich der Mittelstufe (Sekundarstufe I), einer beruflichen Vollzeitschule oder des außerschulischen Bildungsangebotes einer Produktionsschule erfüllt werden. Zwischen Produktionsschulen und beruflichen Schulen können mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde Kooperationen vereinbart werden.
(4) In der Grundstufe (Primarstufe) haben die Schülerinnen und Schüler die Schulpflicht durch den Besuch der Grundschule zu erfüllen, in deren Schulbezirk ( § 143 Abs. 1) sie wohnen. Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung erfüllen die Schulpflicht durch den Besuch derjenigen Grundschule, die nach § 52 Abs. 2 Satz 1 als Standort für den inklusiven Unterricht entsprechend dem jeweiligen Förderschwerpunkt nach § 50 Abs. 1 festgelegt worden ist.
§ 61 Erfüllung der Vollzeitschulpflicht bei sonderpädagogischem Förderbedarf
(1) Kinder und Jugendliche mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung erfüllen die Vollzeitschulpflicht durch den Besuch der allgemeinen Schule oder der Förderschule.
(2) Für Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung kann die Schulpflicht auf Antrag oder nach Anhörung der Eltern durch die Schulleiterin oder den Schulleiter um bis zu drei Jahre verlängert werden, wenn anzunehmen ist, dass sie dadurch dem angestrebten Abschluss näher gebracht werden können. Den Schülerinnen und Schülern, deren Vollzeitschulpflicht nach Satz 1 um drei Jahre verlängert wurde, ist auf Antrag der Eltern durch die Schulaufsichtsbehörde zu gestatten, die Schule nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht bis zu zwei weitere Jahre zu besuchen, wenn sie dadurch dem Abschluss an dieser Schule näher gebracht werden können oder wenn die weitere Verlängerung des Schulbesuchs an dieser Schule geeignet ist, die Aussichten der Schülerinnen und Schüler auf dem Berufs- oder Arbeitsmarkt zu verbessern.
(3) Für Schülerinnen und Schüler der Schulen mit den Förderschwerpunkten Sehen und Hören, die ein fünftes Grundschuljahr besucht haben ( § 53 Abs. 5), verlängert sich die Vollzeitschulpflicht um ein Jahr.
§ 62 Beginn und Dauer der Berufsschulpflicht
(1) Die Berufsschulpflicht beginnt nach der Beendigung der Vollzeitschulpflicht mit dem Ausscheiden aus einer Vollzeitschule und mit dem Eintritt in ein Ausbildungsverhältnis.
(2) Auszubildende, die in einem Ausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes stehen, sind für die Dauer des Ausbildungsverhältnisses berufsschulpflichtig.
(3) Jugendliche, die in keinem Ausbildungsverhältnis stehen, sind nach Erfüllung der verlängerten Vollzeitschulpflicht für die Dauer von drei Jahren, längstens bis zum Ende des Schuljahres, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, zum Besuch der Berufsschule berechtigt. § 64 bleibt unberührt.
(4) Die Berufsschulpflicht entfällt oder endet vorzeitig am Ende des Schulhalbjahres, wenn das Kultusministerium für bestimmte Gruppen von Berufsschulpflichtigen oder wenn die Schulaufsichtsbehörde im Einzelfall feststellt, dass eine gleichwertige Ausbildung den Besuch der Berufsschule entbehrlich macht. Studierende in dualen Studiengängen sind von der Pflicht zum Besuch der Berufsschule befreit. Sie haben das Recht, am Berufsschulunterricht teilzunehmen.
(5) Die Berufsschulpflicht ruht für die Dauer des Wehr- und Zivildienstes, eines im Ausland absolvierten Ausbildungsabschnitts nach § 2 Abs. 3 des Berufsbildungsgesetzes oder eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres. Sie kann für die Dauer des Besuchs einer Bildungseinrichtung ruhen; die Entscheidung darüber trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter.
§ 63 Erfüllung der Berufsschulpflicht
(1) Die Berufsschulpflicht ist durch den Besuch der Berufsschule zu erfüllen, in deren Schulbezirk ( § 143 Abs. 2 und 4 bis 6) der Beschäftigungsort liegt. Bei Berufsschulpflichtigen aus dem Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen ist der Ort der Werkstätte, bei Berufsschulberechtigten in Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit der Maßnahmeort und bei Berufsschulberechtigten ohne Ausbildungsverhältnis der Wohnort maßgebend.
(2) Die Berufsschulpflicht kann durch den Besuch von Schulen oder Lehrgängen, die vom Kultusministerium nach Anhörung des zuständigen Fachministeriums als Ersatz für den Berufsschulunterricht anerkannt worden sind, erfüllt werden.
(3) Sofern in Hessen für einen Ausbildungsberuf kein entsprechender Unterricht angeboten wird und die Berufsschulpflicht nicht nach Abs. 2 erfüllt wird, wird sie durch den Besuch einer Berufsschule mit einem für den Ausbildungsberuf förderlichen Unterrichtsangebot erforderlichenfalls in einem anderen Bundesland erfüllt. Welche Schule zu besuchen ist, bestimmt das Kultusministerium.
(4) Länderübergreifende Vereinbarungen zur Beschulung von Auszubildenden in Bundesfachklassen entsprechend den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz können durch Rechtsverordnung unmittelbar für verbindlich erklärt werden.
(5) Über die Gestattung des Besuchs einer Berufsschule außerhalb Hessens durch Auszubildende, die in Hessen berufsschulpflichtig sind, entscheidet das Kultusministerium im Benehmen mit der zuständigen Behörde des für die Berufsschule zuständigen Landes. Abweichend von § 88 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 entscheidet das Kultusministerium auch über die Aufnahme von Auszubildenden, die außerhalb Hessens berufsschulpflichtig sind, in eine hessische Berufsschule.
(6) Für Auszubildende in Ausbildungsberufen, für die es in der Bundesrepublik Deutschland kein geeignetes Berufsschulangebot gibt, kann das Kultusministerium Einzelfallregelungen treffen.
§ 64 Erfüllung der Berufsschulpflicht bei sonderpädagogischem Förderbedarf
(1) Jugendliche mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung, die in einem Ausbildungsverhältnis stehen, erfüllen die Berufsschulpflicht in der Regel durch den Besuch der Berufsschule in der Regelklasse. Die Berufsschulpflicht kann auch durch den Besuch von Förderberufsschulen erfüllt werden.
(2) Jugendliche mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung, die in keinem Ausbildungsverhältnis stehen, sind nach Erfüllung der verlängerten Vollzeitschulpflicht für die Dauer von drei Jahren zum Besuch der Berufsschule in der Regelklasse oder in Bildungsgängen, die auf eine Berufsausbildung oder eine Berufstätigkeit vorbereiten oder für einen Beruf qualifizieren, berechtigt. Die Berechtigung erstreckt sich auch auf den Besuch von Förderberufsschulen.
(3) Auf Antrag der Schülerin oder des Schülers oder der Eltern kann die Berufsschulpflicht nach Abs. 1 oder die Berechtigung zum Besuch der Berufsschule nach Abs. 2 um bis zu zwei weitere Jahre verlängert werden, wenn anzunehmen ist, dass dadurch eine berufliche Förderung ermöglicht wird. Die Entscheidung darüber trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter.